Fristverlängerung: Preisfrage im Postkartenformat 2021

Neuer Einsendeschluss: Freitag, 31.12.2021 (Posteingang)

»Da flogen all die Übel, lebendige beschwingte Wesen / heraus: von da an schweifen sie nun herum und / tun den Menschen Schaden bei Tag und Nacht.« Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches, Nr. 71

Der folgenreichste Hacker-Wettstreit seit Menschengedenken ereignete sich in der griechischen Götterwelt. Auf der einen Seite: Prometheus, ein Riesenfenchel und die Menschen. Auf der anderen: Zeus, Hephaistos, Pandora und eine Büchse. Dazwischen, ahnungslos: Epimetheus. Objekt der Begierde: das Feuer. Kollateralschaden: das Übel. 

 

Was war passiert?

 

Mit einem Narthexrohr, dem Stängel des Riesenfenchels, verschaffte sich Prometheus unerlaubten Zugang zum göttlichen Feuer des Zeus, indem er das Rohr in Brand setzte und es den Menschen übergab, die dieses glühende Grundelement seitdem dazu verwenden, es dem Zeus gleich zu tun. Das war ein erfolgreicher Phishing-Angriff auf den Quellcode göttlicher Macht und entsprechend erbarmungslos fielen die Gegenmaßnahmen aus. Zeus beauftragte Hephaistos mit der Konstruktion eines Trojaners, der eine Schadsoftware in die promethisch-menschliche Hybris schleusen sollte: die bezaubernde Pandora und die Büchse mit dem Übel. Und Zeus sprach lachend: »Ihnen geb ich an Stelle des Feuers ein Übel, an dem sich / Alle erfreuen sollen und lächelnd ihr Übel umarmen.« (Hesiod, Werke und Tage, 57).

 

Natürlich war der göttliche Gegenangriff erfolgreich. Er lief über Epimetheus, den Bruder des Prometheus, der als einer, der immer erst nachdenkt, wenn es zu spät ist, eine willkommene Schwachstelle war. Und so erlag Epimetheus dem Zeus‘schen »Trugwerk«, öffnete der Pandora sein Herz »und erkannte das Unheil, als er es hatte«. (Hesiod, Werke und Tage, 83). Denn Pandora öffnete im Gegenzug die Büchse: »Aber das Weib hob ab den großen Deckel des Kruges / Und ließ alles heraus, den Menschen übel gesonnen. (...) Myriaden von Übel entschwirrten unter die Menschen. Voll ist ja von Übeln das Land und voll ist die Meerflut.« (Hesiod, Werke und Tage, 94-100).

 

Und so kam durch eine List des übellaunigen Zeus das Übel in die Welt.

 

Was aber ist ein Übel?

 

Man könnte sich an der Kant‘schen Kritik der praktischen Vernunft orientieren und das Übel vom Bösen unterscheiden. Man kann das aber auch sein lassen und die Frage mit dem Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm bodenständiger beantworten: 

 

»Übel (...) mhd. übel, ubel, ahd. ubil, ags. yfel, engl. evil, mnd. uwel, fr. evel, ndf. öwel, holl. evel, wf. üewel, ofr. öfel, goth. ubil. (...) 1) im allgemeinsten sinne: alles, was dem guten als dem sittlich gebotenen, zweckmäszigen, angenehmen, gesunden entgegen steht; also das princip des bösen, schädlichen, der sünde, des leidens im philosophischen, physischen, moralischen und socialen verstande.«

 

Kurzum: das Übel ist eine üble Unannehmlichkeit. Und nur zu wissen, woher es kommt, reicht nicht. Und ein Stoßgebet reicht auch nicht (»erlöse uns von dem Übel« Mt. 6,13). Gegen das Übel muss etwas getan werden.

 

Das wusste auch schon unser Ehrenvorsitzender Johann Andreas Naumann, der für den Ackersmann festgehalten hat:

 

»Ich habe schon in meiner Vorrede erwiesen, daß es einem Ackersmann sehr nützlich sei, wenn er die Natur kennen lernet, denn außer diesem thut er bei aller seiner vermeinten Kunst nur blinde Griffe in die Luft, kennet er aber die Natur, so wird er auch derselben Geheimnisse frey und aufgedeckt vor Augen liegen sehen, und wenn er den Anfang und Ursache eines Uebels weiß, so wird es ihm auch leicht seyn, ein sicheres Gegenmittel dawider zu gebrauchen.« (Der Philosophische Bauer, S. 45)

 

Die Suche nach sicheren Gegenmitteln ist das Gebot der Stunde, nicht nur für den Ackersmann. Und das erfordert eine Tiefenbohrung, eine Wurzelbehandlung, »denn die Wurzel ist der Anfang und Zufluss von allem« (Der Philosophische Bauer, S. 40).

 

Daher lautet die diesjährige Preisfrage also: Was ist die Wurzel allen Übels?

 

Wir stellen diese Frage, da uns die bislang als führend geltende Antwort des Paulus von Tarsus, dass es nämlich der Geiz sei, nicht recht überzeugt (vgl. 1. Timotheus 6,10).

 

Aufruf

 

Daher rufen wir hiermit alle Interessierten auf, eine Antwort auf diese dringliche Frage zu finden und diese auf einer Postkarte an das Hauptquartier der Philosophischen Bauern zu senden:

 

Die Philosophischen Bauern

Friedrichstraße 23a

10969 Berlin

 

Regeln

  • Antwortformat: Postkarte (Länge 14 - 23,5 cm / Breite 9 - 12,5 cm)
  • Gestaltung: offen (Vorderseite und/oder Rückseite geschrieben, gezeichnet, gemalt, geklebt, gedruckt oder wie es beliebt)
  • Absenderangaben: optional
  • Mehrfacheinsendungen: möglich
  • +++NEU+++ Einsendeschluss: Freitag, 31.12.2021 (Posteingang)+++NEU+++

 

Blind ziehende Zahnfee

 

Am Tag des Einsendeschlusses wird der Briefkasten der Philosophischen Bauern feierlich geöffnet. Alle Antworten werden studiert, begutachtet und in eine Rangfolge gebracht; bei Ranggleichheit entscheidet unsere blind ziehende Zahnfee. Und natürlich gibt es Preise, sonst wäre die ganze Mühe ja vollkommen sinnlos!

 

Präsentation

 

Sämtliche Einsendungen werden in geeigneter Form auf unserer Internetseite präsentiert.

  

Ganz ausgezeichnete Hochachtung

Die Philosophischen Bauern